Plädoyer für eine europäische Initiative freier Künstlerinnen- und Künstlervereine
Die Vereinigung von bildenden Künstlerinnen und Künstlern in organisierten Gruppen hat meist den Zweck, eigene Gestaltungsmöglichkeiten und Interessen in Anschlag zu bringen, die ohne die konzentrierte Kraft eines Vereins kaum Chancen auf Berücksichtigung und öffentliche Wahrnehmung fänden.
Viele dieser Vereine und Verbände brachen allein durch ihre Präsenz verkrustete Strukturen auf und schufen damit Raum für Neues, das an die Stelle der nicht mehr zeitgemäßen Ideen und Kunstformen trat.
So auch die Sezessionsbewegungen des 19. Jahrhunderts, die selbstbewusst gegen die herrschenden Auffassungen rebellierten und damit den Aufbruch in die Moderne markierten. So trugen und tragen Künstlerinnen und Künstler gemeinsam zum Fortschritt der Kunst und der Gesellschaft bei.
Nun reicht es nicht Kunstwerke zu schaffen, sie müssen auch zur Kenntnis genommen werden. Diese Notwendigkeit hat sich in der Moderne in zunehmendem Maß vom Produzenten von Kunst getrennt und als eigene Sphäre etabliert.
Dieser an sich ehrenwerten Tätigkeit der Bekanntmachung, Verbreitung und Reflexion der künstlerischen Ideen und Werke ist mittlerweile eine gewichtigere Rolle zugewachsen, als der der Kunst und ihrer Produzenten selbst.
Die Interpreten und Vermarkter künstlerischer Arbeit sind heute vielfach nicht nur Überbringer, Vervielfältiger und Vermittler dieser Arbeit, sondern nehmen sowohl auf die Entwicklung der Kunst, als auch auf die Präsenz der Kunstschaffenden am Markt oder in der Öffentlichkeit massiv Einfluss.
In ihrer Position zwischen den Produzenten und den Konsumenten von Kunst stehend, sollten sie dafür Sorge tragen, dass bildende und andere Künste entsprechende Verbreitung finden und so zur kulturellen Bildung der Gesellschaft beitragen. Stattdessen machen sich viele zu Helfern derer, die den Zugriff auf Finanzquellen monopolisieren und die Teilhabe am Geschäft für die Kunstschaffenden von ihrer Lizenz und Kalkulation abhängig machen wollen. Komplettiert wird diese Allianz durch Kunstinvestoren, die nüchtern rechnend die von ihnen eingesammelten Schätzchen auf dem Kunstmarkt positionieren und gegen die Vielfalt der Kunst verteidigen.
Einige wenige Künstlerinnen und Künstler werden durch dieses Nadelöhr geschleust und – solange sie Geld einspielen – hofiert.
Die Folge dieser periodisch auftauchenden und gezielt lancierten Hypes ist eine sehr überschaubare Anzahl von Einfällen, die – durch Nachahmer und Mitschwimmer verdünnt – solange laufen, bis der Markt wieder nach Frischfleisch ruft und die nächste Runde einläutet.